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Workshop: Feministisches, kreatives Schreiben

Feministisches, kreatives Schreiben

Voilà, dies sind einige der Texte, die innerhalb des Workshops “Kreatives-Schreiben” während der feministischen Kampftage 2022 entstanden sind. Wir haben es endlich geschafft, sie hochzuladen.
plakat workshop feministisches kreatives schreiben

 

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Feministisch kämpfen als Fisch.

Feministisches Kämpfen als Fisch ist gar nicht so leicht. Manchmal kann ich nicht aufhören, im Kreis zu schwimmen und immer wieder durch meine eigenen Blasen zu tauchen. Aber dann holt mich die Krake mit einem ihrer acht Arme zurück auf den Grund und zeigt mir immer wieder eine neue Richtung. Manchmal schwimme ich zum pinken Seetang, manchmal schwingt mich die Krake mit einem ihrer Arme hoch an die glitzernde Wasseroberfläche. Nicht selten packt mich die Krake, zieht mich heraus aus meinen Strudeln aus Blasen und katapultiert mich direkt in ein schwarzes Loch am Meeresgrund.

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Liebes Tagebuch.

Vor drei Wochen war der 8. März 2024 und noch immer klingen die Ereignisse dieses Tages in mir nach, wie Schallwellen, die in mir ausgelöst wurden, und die noch immer jeden Teil meines Körpers beben lassen. Als ich in der Badewanne lag, hatte ich das Gefühl, dass die Kampfschreie der letzten Wochen aus mir herausbrechen wollen. Das Wasser, das meinen kampfbereiten Körper umgibt, schlägt Wellen um mich herum. Wenn ich untertauche, höre ich meinen Herzschlag, der Badewannenlärm klingt wie feministische Kampfschreie. Nicht nur zu Hause spüre ich die Nachbeben dieser Tage. Als ich gestern durch den Park spazieren gegangen bin, hatte ich den Eindruck als würden alle Vögel im Takt zwitschern und mir das Lied vom feministischen Kampf vorsingen. Sogar die erst letztes Jahr entdeckte Pflanzengattung „Allepflanze“, welche auch bei uns im Park gedeiht, fing an sich in Richtung des Vogelgesangs auszurichten, als bräuchte sie nicht die Sonnenstrahlen zum Wachsen, sondern bloß das Vogelgezwitschern. Weil ich so beeindruckt von dem Verhalten der „Allepflanze“ war, bin ich noch mal in die Recherche abgetaucht. Warum heißt diese Pflanze eigentlich „Allepflanze“, Warum nicht zum Beispiel einfache „Keinepflanze“? Die „Allepflanze“ ist die einzige Pflanze auf der ganzen weiten Welt, die von jeder anderen Pflanzenart genetisches Material aufweist – passender Weise also der Name. Diese Pflanze hat ihre Blütezeit im Sommer. Selbst würde die Pflanze ihre Hochzeit vielleicht als Kampfsommer bezeichnen, ich auch.
Schlaf schön.
Viele Grüße von meinem Glitzersofa.

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Ein Brief an das Patriarchat

Ein Brief an das Patriarchat, ich hätte mir das lieber erspart. Voller Wut im Bauch und Hass auf der Zunge, richte ich meine Worte an dich. Für mich bist du nicht mehr als ein Sack. Ein vercist und zugenähter Sack. Boxsack. Voll auf die zwölf ein Schlag auf die Fresse. Du denkst du hast den Sack zugemacht. Wie ignorant. Für mich bist du voll von Ausgrenzung, Diskriminierung, Rassismus, Ableismus, Flinta*hass, Interfeindlichkeit, Homophobie, Transhass. Sexismus. Sexy, hättest du den Sack mal nicht so voll gemacht. Im Sack, kuscheln wir uns zusammen, geben uns Sicherheit, führen unsere Gedanken zusammen. Und dann auf die Fresse.
Kämpfe verbinden.

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Feministischer Kampftag 2024

Bettdeckenmusik weckt mich. Die Decke knistert voller Energie&Lust auf den Tag. Zum Frühstück gibt es eine extra große Portion Schreihalssaft, er schmeckt ein bisschen bitter, einfach weil so viele nicht mitschreien können oder dürfen.

Ich schlüpfe in meine Brotschuhe, frisch gebacken, wohlig warm, damit die Füße bis spät in die Nacht nicht kalt werden.

Die weißen cis-Männer sind dieses Jahr ganz alleine auf die Idee gekommen, die Demo zu bekochen. Ob sie auch an anderen Tagen aufkreuzen würden? Wenigstens liefern sie jetzt fleißig Nachschub an Schreihalssaft.

Es gibt Büchertöpfe, frei für alle, die lernen möchten, es wird Wissen geteilt, Zugang zu Gruppen, Vernetzungen, Petitionen geschaffen, damit Last von den Schultern fällt & weil das Kämpfen einfacher wird, wenn man teilt.

Als die Büchertöpfe leer waren, haben wir Krach gemacht, Krach gemacht die ganze Nacht, mit den Brotschuhen auf den Boden gestampft, dass der Boden vibriert und das Klappern der Töpfe so lange nachhallt, bis wieder 08. März ist, damit wir nicht vergessen, dass 08. März immer ist.

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Liebes ungeliebtes Patriarchat.

Ich weiß, du wirst diesen Brief nicht lesen, denn du bist kein Gegenüber, sondern du bist patriarchale Strukturen um mich herum und in meinem Kopf, in meinem Erleben drin.

Wie Wellen schwappst du mal mehr, mal weniger ersichtlich um mich herum, trägst mich irgendwohin oder lässt mich wieder fallen. Doch meine Freund*innen und Wahlfamilie sind meine Schwimmflügel, die mich immer oben halten. Wellen fließen, “No Border!” will ich schreien – du bist überall, doch unsere transnationalen Freundschaftsnetze auch; wir schwimmen in Gewässern der Selbstbestimmung, die sich mit deinen Strömen mischen und in unseren gemeinsamen Schwimmzügen üben wir einen Umgang miteinander, der kein Untergang ohne einander werden soll.
Wir sprechen dabei in vielen Sprachen, die du alle nicht verstehst und das Wasser trägt uns dann bereitwillig, wie Liebe außerhalb von Romantischen ZweierBeziehungen.

Und so träume ich vom Handtuch des queeren Lebens, das uns von deinen letzten Tropfen trocknen wird und schaue in die Zukunft, in der ich freudig auf die Rutsche steige, weil wir dann mit allen Wassern gewaschen sind, und das ist unsere Sicherheit.